24.04.2020

    Über 100-jährige Tradition

    Erfurt ist der zentrale europäische Produktionsstandort für Großpressen

    Ein Flächenareal, welches durchaus großzügig ist, dazwischen ausreichend Wege für Transport und Logistik sowie gut strukturierte Hallenkomplexe mit moderner Anlagentechnik für die Fertigung – ein Blick hinter die Kulissen des Schuler-Werkes in Erfurt lässt den Besucher sofort erkennen: Hier sind nicht nur ausreichend Möglichkeiten und Kompetenzen für eine moderne Fertigung vorhanden, sondern hier können auch große Dimensionen bearbeitet werden.

    Der Pressenbau hat im thüringischen Erfurt Tradition. Von Henry Pels im Jahr 1897 gegründet, baute und vertrieb sein Unternehmen anfangs Stanzen und Scheren. In der ehemaligen DDR erfolgte ab 1970 die Gründung des Kombinates Umformtechnik Erfurt mit zeitweise bis zu 5.000 Mitarbeitern. Mit der deutschen Wiedervereinigung wurde das Unternehmen 1990 erst in die Umformtechnik Erfurt GmbH umgewandelt, 1994 dann privatisiert. Im Jahr 2001 übernahm diese die Müller Weingarten AG, die 2007 letztendlich in den Schuler-Konzern kam.

    Servotechnologie demonstriert

    Die wechselnden Besitzverhältnisse taten dem Fokus auf Pressenbau jedoch keinerlei Abbruch, sondern unterstrichen ihn sogar. Und so kennzeichnen einige Meilensteine und Investitionen die Kompetenz des Standortes, an dem 2005 eine eigene Lehrwerkstatt gegründet wurde. 2006 folgte die Umformcenter Erfurt GmbH (UCE), mit Pressen modernster Bauart, durch die Schuler die damals am Markt noch neue Servotechnologie vorstellen und erläutern konnte. Im Jahr 2007 erweiterte eine 11.000 Kilonewton starke Servopresse die Fertigungskapazitäten. Sie ermöglichte die Herstellung komplexer Powertrain- und Strukturteile für die Automobilindustrie und deren Zulieferer.

    Jürgen Geulen, der seit 2007 im Schuler-Konzern ist, leitet seit 2017 den Standort in Erfurt. Er nennt weitere Eckpfeiler: „Die Prozess- und Produktoptimierung zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit soll am Standort Erfurt fortgesetzt werden. Dazu gehört auch die Umsetzung maßgeblicher Langfristinvestitionen.“ Wichtig seien zudem eine Optimierung der Flächennutzung sowie die kontinuierliche Sicherstellung und der Ausbau der Rolle des Schwerlaststandortes im Schuler Konzern für Europa. Mit Blick auf Fachkräftesicherung ist Geulen außerdem die Bildung und Ausbildung im gesellschaftlichen Umfeld von Erfurt wichtig - auch mit Blick auf den Generationenwechsel.

    2009 wurde am Standort in das erste Fasenbrennschneidsystem investiert, 2010 die Brückenkrananlage für 230 Tonnen erweitert und 2012 ein weiterer Schweißautomat sowie eine CNC-Rohrbiegemaschine angeschafft. In den Folgejahren wurde die Portalfrässtrecke an aktuelle Anforderungen angepasst, die Standplatzmontage optimiert ausgelegt sowie ein zweites Fasenbrennschneidsystem und ein neues Großbohrwerk angeschafft, ebenso moderne Werkzeug- und Programmiertechnologie.

    Klarer Fokus auf dem Großpressenbau

    Dass Erfurt der zentrale europäische Produktionsstandort für Großpressen ist, war eine weitere strategische Entscheidung. Die Liegenschaft ist grundsätzlich für den Großkörperbau ausgelegt. So lassen sich im Schweißwerk die Strukturteile der Pressen mit Stückgewichten bis zu 230 t herstellen.

    Die Baugruppen sind mit Genauigkeiten von +/- drei Hundertstel mm pro Meter bei maximal 24 m Länge und 5,3 m Breite bearbeitbar. Die Innenmontage setzt die Großkomponenten dabei mit dem Ziel zusammen, einen baustellenreifen Auslieferzustand zu erreichen. Die Endmontage erfolgt im Regelfall beim Kunden. Aber auch eine Anlagenendmontage und Inbetriebnahme von Kompaktpressen ist im Werk möglich.

    Leistungsfähige Anlagentechnik überzeugt

    Durch das neue Fasenbrennschneidsystem im Schweißwerk ist zudem eine hohe Brennteilverfügbarkeit gegeben. Dadurch sind Engpässe vermeidbar. Die Brennerei und Schweißerei verarbeitet etwa 16.000 t Material pro Jahr bei einer maximalen Teilegröße von 17.200 mm Länge, 7.200 mm Breite und 4.200 mm Höhe; Blechdicken von mehr als 300 mm sind keine Seltenheit. Bei besonderen Anforderungen oder Sondergüten werden die Bleche bis zu 120 Grad vorgewärmt. Alle Schweißteile werden nach dem Schweißprozess spannungsarm geglüht.
    In der Innenmontage sind flexible Aufstellbedingungen gegeben. Dabei steht die Prozessoptimierung bei der Standplatzmontage immer im Vordergrund.

    Als klassischer Produktionsstandort für Großteile fertigen die Mitarbeiter in Erfurt mechanische und hydraulische Pressen unter einem Dach. Innerhalb des Schuler-Konzerns ist das Werk Fertigungsstätte für Kunden aus der Automobil- und Zulieferindustrie.

    Gute Personal- und Infrastruktur sind wichtig

    Die Gesamtfläche des Erfurter Areals umfasst 174.000 m2. Davon sind 74.000 m2 mit den Produktionshallen sowie dem Verwaltungstrakt bebaut. Über die Autobahnen A4, A71 und A38 sowie den Anschluss zum Binnenhafen in Aken (Elbe) sind gute logistische Voraussetzungen für den Transport der Großkomponenten gegeben.

    Insgesamt sind im Schuler-Werk in Erfurt 539 Mitarbeiter beschäftigt, davon 323 im gewerblichen und 153 im kaufmännischen Bereich sowie 63 Auszubildende mit Ausbildungsschwerpunkt Industriemechaniker und Energieanlagenelektroniker. Mit einer Ausbildungsquote von zirka sieben Prozent nimmt Schuler das Thema ernst. Im Schnitt sind zudem vier Berufsakademiestudenten beschäftigt. Drei Ausbildungsmeister und 50 Ausbildungsbeauftragte im Produktions- und Verwaltungsbereich kümmern sich um die Belange der jungen Menschen. Und nicht zuletzt legt das Unternehmen Wert auf Weiterbildung und gezielte Personalentwicklung aller Mitarbeiter mit dem Ziel, frei werdende Stellen intern zu besetzen.

    Für die Zukunft gut aufgestellt

    Ein weiterer Schwerpunkt ist der Servicebereich. Erfurt ist das Auftragszentrum für ältere Umformpressen aus der Zeit der Umformtechnik. Am Standort werden die Ersatzteile hergestellt und anschließend beim Kunden montiert. Zukünftig soll der Servicebereich ausgebaut werden.

    Erfurt gehört mit den Standorten in São Paulo/Brasilien und Dalian/China zum internationalen Produktionsverbund des Schuler-Konzerns. Für Erfurt bedeutet das unter anderem, dass der Standort Fachbereichspatenschaften für die Werksentwicklung Dalian und die Lieferantenentwicklung in China übernimmt.

    Vor diesem Hintergrund wird der Pressenbau in Erfurt immer verwurzelt sein. Mit marktgerechten Strukturen und Optimierungen sowie passgenauer Technik ist der Maschinenbauer auch am Thüringer Standort für die Zukunft gut aufgestellt.


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